Individuelles Wohnen wird derzeit groß wie nie geschrieben, denn das eigene Zuhause gilt als Rückzugsort, als kleine, heile Welt im großen Chaos. Doch die verschiedenen Wohnstile erfordern ihre eigenen Möbel, die nicht unbedingt zu den günstigsten ihrer Art gehören. Wir stellen verschiedene Tipps vor, wie Sie mit einem geringen Budget und etwas handwerklichem Geschick selbst für den richtigen Stil sorgen.
Industrial Design: Nüchtern, eckig und modern
Der Industrial Style ist momentan angesagt und immer noch stark im Kommen, obwohl er so rein gar nicht gemütlich oder familiär ist. Er zeichnet sich durch Möbel aus, die eine Kombination aus Holz und Metall darstellen. Das große Vorbild des Einrichtungsstils ist in den alten Lofts zu suchen, in denen sich Künstler und andere Menschen eine Wohnung eingerichtet haben, die in einer alten Lager- oder Fabrikhalle gelegen war. Das Design ist schlicht, die Einrichtung vor allem funktional. Alles kommt auf nüchterne Formen an, Möbel und Gestaltung sind eher spartanisch bis puristisch.
Mit den richtigen Materialien und ein wenig Geschick wird aber auch aus Ihrem Zuhause eine Wohnung im Industrial Design, die dazu noch gemütlich ist. Setzen Sie dafür auf Holz, das aber nicht behandelt werden darf. Nutzen Sie Möbel aus Stahl, die mit Holz kombiniert werden und ein wenig verschlissen aussehen. Sparen Sie sich die Tapete für die Wände – der Industrial Look mag rohen Beton!
Am Ende soll die Wohnung einen gewissen Fabrikcharme versprühen, der auf den ersten Blick nicht gemütlich sein mag. Der Schlüssel zum Wohnglück sind die Möbel und Einrichtungsgegenstände, zu denen auch unbedingt eine Stehlampe gehören sollte. Diese ist schon fast als obligatorisch zu bezeichnen und sorgt nicht nur für mehr Licht im Raum, sondern dient vor allem als wichtiger Akzent. Lampen aus Metall sind ohnehin ein Klassiker in diesem Einrichtungsstil, auch nackte Glühbirnen in einer ansprechenden Verkleidung dürfen nicht fehlen.
Farblich gesehen punktet der Industrial Style vor allem mit Folgendem:
- Keine knalligen Farben
- Verwendung von gedeckten Tönen, Orange- und Brauntönen
- Bei Anwendung einer eher luftigen, leichten Farbe: unbedingte Kombination mit dunklen Möbeln!
- Dekoelemente müssen sich farblich einfügen
Der Industrial Look lässt Kreativität zu. Warum eine Gardinenstange kaufen? Bauen Sie doch aus einer alten Wasserleitung einfach selbst eine! Diese sägen Sie nur auf die entsprechende Länge zurecht und müssen jetzt noch für Ringe oder eine andere Befestigungsmöglichkeit für Gardine oder Vorhang sorgen. Sie mögen es nicht gar so „industrial“? Dann setzen Sie auf die abgespeckte Variante, bei der Sie sich auf klassische, nüchtern Möbel konzentrieren und nur wenige Gestaltungselemente aus dem Industrial Design übernehmen. Die Stehlampe kann sich in jeder Art von Einrichtung gut machen, die Sofakissen aus Baumwolle und Leinen passen zum Landhausstil ebenso wie zum Industrial Style. Allerdings sollten Sie darauf achten, dass sich am Ende kein ungewollter Stilmix ergibt, bei dem die ganze Wohnung wie „zusammengewürfelt“ wirkt.
Geht es darum, Möbel für den Industrial Style selbst zu bauen, so gibt es viele weitere Möglichkeiten als die eben erwähnte Gardinenstange. Setzen Sie auch auf Bücherregale aus Rohrleitungen oder auf einen Tisch, der durch eine bloße Holzplatte auf einem Metallgestell dargestellt wird. Oder auf den Sägebock, der als Garderobe dient und als solche zu begeistern weiß – immerhin haben hier viele Kleidungsstücke Platz!
Übrigens: Der Industrial Style bringt immer einen Hauch Vintage in Ihr Haus – dennoch handelt es sich um verschiedene Stile, die anders gelebt und kombiniert werden müssen!
Landhausstil: Romantisch, rund – und ebenfalls modern
Der Landhausstil ist ein eher romantischer Wohnstil, der jedoch alle Freiheiten lässt. Wer ihn lebt, kann seine Möbel nahezu frei kombinieren, die Möbel und Einrichtungsgegenstände werden munter mit anderen Stilen in Zusammenhang gebracht. Dabei hat der Landhausstil nichts mit den Dingen vom Flohmarkt gemein, die als „Krempel“ zu niedrigsten Preisen verhökert werden. Es handelt sich um einen durchdachten Wohnstil, der die Kunst des Innendesigns auf den zweiten Blick offenbart.
Wichtig: Es gibt nicht den einen Landhausstil, sondern meist sind die Möbel und andere Ausstattungsgegenstände miteinander gemischt. Mixen Sie alte und neue Möbel, Eigenkreationen mit selbst gebauten Möbeln vom Flohmarkt, Tapeten mit alten Mustern und neue Wandanstriche.
Nutzen Sie Farben, um der Wohnung einen Hauch von Klasse zu geben:
- Abstufungen von Hell zu Dunkel: Setzen Sie auf eine Farbe und stufen Sie diese Ton in Ton ab. Das wirkt harmonisch und einheitlich. Vor allem die Töne der Weißpalette gehören in ein Landhaus. Auch Creme- und Pastelltöne sind immer willkommen und lassen sich hervorragend in verschiedenen Abstufungen gestalten.
- Komplementärfarben sind ebenfalls ein Schlüssel zum harmonischen Wohnen. Vor allem die Farben, die sich im Farbkreis gegenüberstehen, sind im Landhausstil gefragt. Mixen Sie Orange mit Aqua und damit warme und kalte Farben. Ob Sie damit ein Highlight setzen oder den ganzen Raum einheitlich gestalten, bleibt Ihnen überlassen.
Das Schöne an den verwendeten Farben ist, dass diese leicht selbst eingebracht werden können. Sie müssen kein professioneller Maler sein, um die Wände neu zu streichen oder um einen farblichen Akzent an eine bestimmte Wand zu bringen. Lassen Sie Ihrer Kreativität stattdessen freien Lauf und „toben“ Sie sich farblich aus.
Auch mit Stoffen und Textilien lassen sich Zimmer im Landhausstil sehr schön gestalten. Wenn Sie nicht gleich das ganze Zimmer neu streichen oder tapezieren wollen, setzen Sie stattdessen auf Dekorationen aus Stoff. Kissen und Hussen, Überwürfe und Vorhänge lassen einen Raum interessant und harmonisch erscheinen, außerdem sind diese Dekostoffe in der Lage, die gesamte Stimmung im Raum zu verändern. Ob Sie dabei auf Samt setzen oder auf grobe Wolle, bleibt Ihrem Geschmack überlassen, hierbei gibt es kein Muss.
Insgesamt zeichnet sich der Landhausstil durch seine Schlichtheit aus, er ist harmonisch und deutlich reduziert. In dem Punkt ähnelt er dem Industrial Design, das ebenfalls auf eine Reduktion auf das Nötigste setzt. Doch während im Industrial Design die Formen eher kantig und eckig sind, setzt der Landhausstil auf runde Formen, die für Harmonie stehen und dennoch durch ihre Schlichtheit glänzen. Damit diese Wirkung entstehen kann, dürfen die Räume nicht zu vollgepackt sein – weniger ist hier wieder einmal deutlich mehr. Das gilt bei Möbeln ebenso wie bei Dekogegenständen, die zwar gezeigt werden können, nicht jedoch überhand nehmen dürfen.
Der Landhausstil ist zudem niemals wirklich fertig, hier basteln und puzzeln Sie immer wieder an der einen oder anderen Stelle. Hier auf dieser Seite finden sie eine neue Lampe, einen neuenDekoartikel. Zeigen Sie dabei immer Mut zu Veränderungen und lassen Sie Ihre Räume durch eine Neugestaltung – auch mit Pflanzen – leben.
Alt wird neu: Vintage als moderner Wohnstil
Viele Möbel sind zwar neu, sehen aber eher so aus, als wären sie frisch vom Flohmarkt oder aus Omas Dachboden geholt. Dabei ist es die Kunst, neue Möbel alt erscheinen zu lassen. Was paradox klingt, hat sich zu einem neuen Wohnstil entwickelt, der immer mehr Anhänger findet und auch in andere Wohnstile Einzug hält. So kann der Industrial Look durchaus auch mit Vintage kombiniert werden. Wer dabei nicht in neue Möbel investieren möchte, kann die vorhandenen entsprechend anpassen. Hier einmal einige Tipps, wie das kinderleicht funktioniert:
- Verfärbungen: Sollen Möbel altersbedingt verfärbt erscheinen, hilft Beize. Sie färbt das Holz dunkel, die bisher zu sehende Holzstruktur bleibt aber erhalten. Jahresringe treten dabei deutlicher hervor. Entsprechende Mittel sind im Handel erhältlich und können mit dem Pinsel aufgetragen werden. Doch Vorsicht: Verwenden Sie dafür keine Metallgefäße! Diese beeinflussen die Farbwirkung der Beize. Besser sind Kunststoffgefäße, sie sind neutral.
- Sie möchten auf einem Möbelstück einen alten Anstrich vortäuschen? Dann brauchen Sie Reste von Farbe, was mit Kalkbrei möglich ist. Kaufen Sie die entsprechende Füllpaste im Handel. Diese basiert auf Wachs und ist direkt gebrauchsfertig. Sie bringen die Paste auf das Holz auf und füllen damit die Poren desselben. Derart behandeln dürfen Sie aber nur Massivholz – furnierte Hölzer sind dafür nicht geeignet. Wichtig: Sie müssen die Poren der Holzoberfläche erst einmal für diese Behandlung vorbereiten bzw. öffnen. Das geht am besten mit einer Drahtbürste aus Messing, mit der Sie kräftig und gleichmäßig über das Holz „schrubben“. Dann bringen Sie die Füllmasse mit einem Tuch in die Poren, wobei Sie quer zur Faserung des Holzes reiben müssen. Nach dem Trocknen der Masse geht es ans Blankreiben. Danach ist das Möbelstück fertig! Eine extra Politur ist nicht nötig, denn das Wachs aus der Füllmasse schützt die Oberfläche genug.
- Sie können Möbel auch mit weißer Farbe behandeln. Dafür nutzen Sie weiße Innenraumfarbe, über die Sie eine Schicht dunkle Lasur bringen. Verdünnen Sie die Farbe mit 20 bis 30 Prozent Wasser und tragen Sie sie dann mit einem Lappen auf. Nun muss das Möbelstück trocknen, erst dann darf der Anstrich mit der Dünnschichtlasur erfolgen. Als Farbtöne eignen sich hierfür besonders gut Mahagoni und Kastanie. Nun kann die weiße Farbe noch ein wenig durch den Lack schimmern, strahlt aber nicht mehr als solche hervor. Die dunkle Lasur lässt das Möbelstück alt wirken.
- Reißlack, der auch als Krakelierlack bezeichnet wird, ist im Bastelbedarf erhältlich und bietet ebenfalls die Möglichkeit, Möbel alt aussehen zu lassen. Mit seiner Hilfe lassen Sie Haarrisse auf dem Lack entstehen. Bitte probieren Sie die Technik erst einmal an einem alten Stück Holz aus bzw. an einer nicht sichtbaren Kante. Das verhindert unschöne Überraschungen, denn nicht jedes Holz reagiert gleich auf die Behandlung mit Reißlack. Diese Methode sollte aber ohnehin nur für kleine Teile eines Möbelstücks angewendet werden– behandeln Sie bitte nicht den ganzen Kleiderschrank in voller Größe in dieser Art, die Wirkung ginge hier vollends verloren.
Nach der Behandlung mit Reißlack sollten Sie einen Schutzlack aufbringen, der aus dem gleichen Farbsystem stammt. Dieser reißt beim Trocknen ein und lässt das typische Muster alter Farbe zurück. Auch das sollten Sie vorher an einem anderen Stück Holz ausprobieren, um zu testen, ob Ihnen der Effekt überhaupt gefällt.
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