Nicht jeder Heimwerker benötigt ein Windmessgerät. Doch der Bedarf ist größer als man zunächst glaubt. Im Smarthome kann ein Anemometer ebenso sinnvoll sein wie in der Kleingartenanlage oder dem eigenen Gewächshaus im Garten. Was taugen Geräte für den Hausgebrauch?
Präzision gibt es beim Anemometer schon zum kleinen Preis
Die Präzision von Messgeräten ist der wichtigste Faktor bei der Anschaffung. Erstaunlicherweise sagt der Preis beim Anemometer noch nichts über die Genauigkeit der erhobenen Daten aus. Tatsächlich gibt es bereits heute viele Anbieter, die von sehr günstigen bis zu hochpreisigen Windmessgeräten alle Funktionsweisen und Einsatzbereiche abdecken. Für die eigene Wetterstation muss es kein hochpräzises Profiinstrument sein. Gleichzeitig sollten die Anemometer aber einen Mindeststandard bei der Genauigkeit nicht unterschreiten.
Um zu ermitteln, welches Gerät für den Heimanwender geeignet ist, sind zunächst folgende Fragen zu klären:
- Welchem spezifischen Einsatzzweck soll das Anemometer dienen?
- Welche Funktionsweise ist für die gewünschten Anwendungen die beste?
Es ist klar: Für die Wetterstation am Balkon benötigt man ein anderes Anemometer als für die Messung des Luftdurchflusses einer komplizierten industriellen Maschine. Unterscheiden sollte man also zunächst die verschiedenen Funktionsweisen der Anemometer, um herauszufinden, welche Bauart für den gewünschten Einsatzzweck geeignet ist.
Video: Anemometer bauen – So wird der Wind mit dem Arduino gemessen
Die gängigsten Bauarten für Anemometer
Ein Windmessgerät kann man theoretisch relativ einfach selbst bauen. Für die simple Anzeige eines groben Richtwertes für die Wettervorhersage im Garten oder für Hobbysegler reicht das oft bereits aus. Tatsächlich können selbstgebaute Anemometer sogar relativ präzise Werte liefern und kommen ohne komplizierte Sensoren aus, die Daten wie Strömungsgeschwindigkeit und Windrichtung elektronisch ermitteln.
Für technische Anwendungen, bei denen eine elektronische Erfassung, Speicherung, Übertragung und Auswertung der Daten gewünscht ist, sind solche DIY-Lösungen zwar nicht geeignet, aber sie haben im Hobbybereich durchaus ihre Berechtigung. Nicht zuletzt macht es vielen Bastlern Spaß, ein eigenes Windmessgerät zu bauen. Wir möchten uns aber dennoch in erster Linie auf die im Handel erhältlichen, gängigen Bauweisen der Anemometer konzentrieren.
Generell kann man die Windgeschwindigkeit auf verschiedene Arten ermitteln. Drei Hauptprinzipien kommen bei modernen Anemometern zum Einsatz:
- Messung der Windgeschwindigkeit durch Einwirkung von Kräften auf bewegliche Teile der Messeinrichtung (z. B. durch Schalenkreuz, Flügelrad, Windplatte etc.)
- Messung durch Abkühlung von beheizten Körpern, die in die Luftströmung gehalten werden (z.B. Hitzedrahtanemometer)
- Messung der Schallgeschwindigkeit unter Nutzung des Dopplereffekts durch Erfassung der Strömungsgeschwindigkeit mit Sensoren (z. B. Ultraschall)
Für manche Anwendungen ist neben der Erfassung der Strömungsgeschwindigkeit (also der eigentlichen Windstärke) auch die Ermittlung der Windrichtung wünschenswert, etwa in der Meteorologie, auf Segelschiffen oder in der Luftfahrt. Im eigenen Heim ist ein Anemometer am ehesten im Zusammenhang mit dem lokalen Wetter einsetzbar und wird folglich als Teil einer Wetterstation stationär montiert.
Es gibt allerdings auch mobile Anwendungen, etwa für Modellflug-Enthusiasten oder für Heimwerker, die Luftströmungen innerhalb von Gebäuden oder punktuelle Messungen an verschiedenen Orten durchführen möchten. Während das Schalenkreuzanemometer eher für stationäre Anwendungen infrage kommt, werden für mobile Bereiche meist Flügelrad-Anemometer bevorzugt, da sie platzsparend und robust konstruiert sowie für höhere Windgeschwindigkeiten geeignet sind.
Funktionsweise der verschiedenen Anemometer im Überblick
Ob man nun die gängige Bezeichnung Windmessgerät oder Anemometer verwendet, das Funktionsprinzip hängt von der spezifischen Bauart ab. Beginnen wir mit dem Schalenkreuzanemometer. Dabei handelt es sich um eine meist drei- oder vierstrahlige Konstruktion, die an einer drehbaren vertikalen Achse montiert ist. An den Enden der jeweiligen Arme befindet sich eine Schale, die nicht selten an eine Suppenkelle erinnert. Die Luftströmung sorgt dafür, dass das Kreuz sich zu drehen beginnt.
Abhängig von der Windstärke dreht sich das Schalenkreuz also schneller oder langsamer. Ein Zählwerk (entweder mechanisch oder elektronisch) kann über die Drehzahl dann die aktuelle Windgeschwindigkeit in Metern pro Sekunde darstellen. Diese Art von Anemometern wird in der Meteorologie sehr oft eingesetzt und ist aufgrund der einfachen Konstruktion und relativ hohen Präzision sehr verbreitet.
An professionellen meteorologischen Stationen und an Orten, wo es auf eine besonders hohe Präzision ankommt, werden immer öfter Ultraschallanemometer verwendet. Diese kommen ohne bewegliche Teile aus und bestehen aus einer Anordnung mehrerer Sensoren, die per Ultraschall die Strömungsgeschwindigkeit ermitteln. Gemessen wird dabei die Schallgeschwindigkeit von Partikeln (Staub, Luftteilchen), die am Sensor vorbeiströmen. Über die Berechnung nach dem Dopplereffekt lässt sich sowohl die Windgeschwindigkeit als auch (bei mehreren Sensoren) die Windrichtung präzise ermitteln. Diese Art von Anemometer kann selbst kleinste Veränderungen registrieren, wird im Hausgebrauch aber eher selten verwendet. Trotzdem gibt es immer mehr Hersteller, die Ultraschallanemometer für Privatzwecke (beispielsweise für den Einsatz im Smarthome) anbieten.
Mit dem Flügelradanemometer hat man eine mobile und robuste Variante, die nahezu überall sofort einsetzbar ist. Diese Variante ist für Handwindmesser die bevorzugte Bauart, weil sie kompakt und langlebig ist. Bei diesem Funktionsprinzip wird ähnlich wie beim Schalenkreuz-Anemometer die Geschwindigkeit über die Drehzahl ermittelt. Der Unterschied liegt darin, dass in diesem Fall ein kleiner Rotor (meist in einem Gehäuse) bzw. ein Flügelrad die Messwerte liefert.
Durch die günstige und kompakte Bauweise sowie die einfache Bedienung sind Flügelrad-Anemometer sehr vielseitig einsetzbar. Es gibt sie schon zu günstigen Preisen, wobei die Messgenauigkeit bei den sehr billigen Geräten zu Wünschen übrig lässt. Modelle von renommierten Herstellern sind allerdings bereits im günstigen Preissegment überraschend genau und arbeiten mit einer ausreichenden Präzision für den Heimanwender.
Mit dem Hitzedrahtanemometer gibt es eine weitere Variante, bei der die Strömungsgeschwindigkeit von Luft und anderen Gasen gemessen werden kann. Zum Einsatz kommen diese beheizten Drahtelemente in der Regel in geschlossenen Systemen und Maschinen, die über einen Lüftungskanal verfügen. Dabei wird die Abkühlungsrate des erhitzten Drahtelements zur Berechnung der Geschwindigkeit herangezogen. Der Draht ist sehr dünn (etwa 0,005 mm) und entsprechend empfindlich. Das Verfahren eignet sich vor allem für niedrigere Strömungsgeschwindigkeiten und kommt beispielsweise in Luftmassenmessern von Kraftfahrzeugen zum Einsatz.
Wozu benötige ich als Heimwerker ein Anemometer?
Die offensichtlichen Einsatzbereiche in Heim und Garten sind mit der Wettervorhersage schnell identifiziert. Mobile oder stationäre Wetterstationen für den Privatgebrauch lassen sich immer öfter über Smartphone App steuern und auslesen. Die Einbindung in Smarthomes zur intelligenten Steuerung von Fenstern, Türen, Rollläden oder Markisen bei drohender Unwettergefahr ist ein weiterer praktischer Anwendungsbereich für Anemometer. Hobbygärtner setzen ebenfalls gerne auf eine eigene Windmess-Station, um das lokale Wetter genauer einschätzen zu können.
Weniger bekannt, aber nicht weniger bedeutsam, ist der Einsatz der Anemometer bei Sanierungen von Gebäuden. Insbesondere bei energetischen Sanierungen werden sogenannte Wärme- bzw. Kältebrücken eliminiert. Dabei geht Energie über unerwünschte Luftströmungen verloren. Handelt es sich bei der Fehlerquelle nicht um ein leicht zu identifizierendes Leck (z. B. an einem undichten Fenster), kann ein Anemometer bei der Ermittlung der Quelle einer Wärmebrücke hilfreich sein.
Mittels des sogenannten Blowerdoor-Tests kann die Luftdichtheit eines Hauses ermittelt werden. Versteckte Leckagen (z. B. an der Abdichtung des Dachstuhls) lassen sich so recht schnell aufspüren. Das genaue Verfahren erfordert neben einem guten Anemometer, das empfindlich genug für kleinste Luftbewegungen ist, auch einen großen Ventilator, der Luft aus dem Gebäude zieht und einen Unterdruck erzeugt. Eventuelle Leckagen können dann über die Messung der Druckdifferenz aufgespürt werden.
Fazit: Moderne Anemometer bieten dem Heimwerker viele Anwendungsmöglichkeiten
Die Einbindung moderner Anemometer per App in ein Smarthome bietet viele Möglichkeiten für die Wettervorhersage und die Gebäudesteuerung. Was im privaten Haushalt eher ein Komfortmerkmal ist, kann in gewerblich genutzten oder größeren Immobilien eine echte Hilfe zur Vermeidung von Unwetterschäden sein. Wird eine bestimmte Windgeschwindigkeit überschritten, kann das System dank Anemometer sofort eventuell offenstehende Türen und Fenster verschließen oder Rollläden herunterfahren. Im Garten kommen die Windmessgeräte ebenso zum Einsatz wie im Hobbybereich des Modellbaus oder für alle möglichen mobilen Anwendungen.
Mit dem Blowerdoor-Test steht außerdem eine zuverlässige Methode zum Aufspüren von Undichtigkeiten in Gebäuden zur Verfügung. Günstige Windmessgeräte gibt es insbesondere in Form der beliebten Flügelradanemometer, die sich dank einfacher Bedienung überall flexibel einsetzen lassen. Die Genauigkeit der Messungen ist dabei für die meisten Nutzer völlig ausreichend. Für den stationären Einsatz oder die Verwendung an industriellen Maschinen empfehlen sich Schaufelkranz- oder Ultraschallanemometer, die über eine höhere Präzision verfügen.
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