Autogenschweißen gilt als die Urform des Schweißens – doch was ist schweißen überhaupt, wie funktioniert es und was ist das Besondere am Autogenschweißen. Das Wichtigste rund ums Thema Autogenschweißen finden Sie hier auf einen Blick.
Was versteht man überhaupt unter schweißen?
Die Normen EN 14610 und DIN 1910-100 regeln den Begriff ‚schweißen‘ und definieren es als „das unlösbare Verbinden von Bauteilen unter Anwendung von Wärme und/oder Druck, mit oder ohne Schweißzusatzwerkstoffe.“ Auf den ersten Blick sieht das Ganze etwas abstrakt aus, dennoch hat bereits jeder mindestens einmal im Leben ein verschweißtes Teil in den Händen gehalten, beispielsweise eine Plastiktüte. Man denke beim Thema schweißen auch an die besonderen Küchenhelfer, mit denen Gefrierbeutel rund um das Gefriergut verschweißt werden können. Schweißen bezeichnet also das Zusammenfügen bzw. Verbinden von Werkstoffen. Der ursprüngliche Begriff des ‚Schweißens‘ wird jedoch weniger mit Kunststoff, denn mit Metall in Verbindung gebracht. Geschweißte Metallteile sind eigentlich bei jedem metallischen Artikel notwendig.
Ob Schreibtisch, Karosserieteil, Lampe oder Fahrrad – eine Vielzahl von metallischen Produkten muss geschweißt werden. Kein Wunder, denn schließlich ist es viel einfacher, einzelne Metallteile zusammenzusetzen, als diese in einem ganzen Stück zu gießen. Für das Schweißen von metallischen Elementen bedarf es in der Regel Wärme bzw. Hitze und zum Teil auch weiteres Equipment wie Schutzgas, Schweißpulver, Material oder sonstige Pasten. Diese Utensilien ermöglichen es, dass die geschweißten Elemente wirklich solide zusammenhalten, auch unter extremen Bedingungen. Ein Stichwort ist hierbei Krafteinwirkung: Mechanische Kräfte dürfen den geschweißten Bauteilen nichts oder nur in einem geringen Maße etwas anhaben – die Unfallvermeidung steht beim Zusammenfügen von Bauteilen an erster Stelle.
Video:MIG/MAG Schweißen Teil 1 – Grundlagen des MIG/MAG Schweißens
Verschiedene Schweißverfahren im Überblick
Zum Schweißen von metallischen Werkstoffen gibt es verschiedene Verfahren, wobei jedes für sich einer gewissen Expertise bedarf. Die verschiedenen Schweißverfahren unterscheiden sich dabei in erster Linie durch die Art, wie die Werkstoffe miteinander verbunden werden. Zu den bekanntesten Schweißtechniken von metallischen Werkstoffen zählen:
- Wolfram-Inertgasschweißen (WIG)
- Gasschmelzschweißen bzw. Autogenschweißen
- Schutzgasschweißen
- Elektrisches Schweißen
Das sogenannte Gasschmelzschweißen wird umgangssprachlich auch Autogenschweißen genannt. Autogen bedeutet ‚aus sich selbst heraus‘, was bei diesem Schweißverfahren durchaus möglich ist: Um Metall mittels der Autogentechnik schweißen zu können, muss eine Metallschmelze erfolgen. Diese Schmelze entsteht beim Autogenschweißen lediglich durch das Zuführen von Hitze und nicht durch das Zuführen weiterer Stoffe.
Aus diesem Grund kann das Metall also ‚aus sich selbst heraus‘ schmelzen, weshalb das Gasschmelzschweißen auch Autogenschweißen genannt wird. Die Normen ISO 857-1 Gasschmelzschweißen mit der Sauerstoff-Acetylen-Flamme sowie EN ISO 4063: Prozess 311 definieren genau, was hinter dem Begriff ‚Autogenschweißen‘ steckt.
Was ist das Besondere an Autogenschweißen?
Das Besondere am Autogenschweißen ist also die Technik, mit der die einzelnen metallischen Bauteile zusammengefügt werden. Dafür wird das Metall zunächst mit einer Flamme erhitzt. Ihre Temperatur beträgt beim Autogenschweißen rund 3200 °C, diese Temperatur hängt jedoch auch stark mit dem Schweißtechniker und den individuellen Präferenzen zusammen. Fakt ist: Die Flamme muss eine Mindesttemperatur von über 3100 °C aufweisen, damit das Verfahren auch erfolgreich angewandt werden kann. Doch wie kann so eine heiße Flamme überhaupt entstehend? Zum Schweißen braucht es stets ein Schweißgerät, in welches beim Autogenschweißen zwei bestimmte Gasflaschen eingestellt werden: Sauerstoff und Acetylen.
Die Mischung beider Gase ergibt schließlich das Brenngas. Die Mischung aus Acetylen und Sauerstoff kommt schließlich aus dem Brenner des Schweißgeräts und sorgt dafür, dass die Flamme das Metall zum Schmelzen bringt. Hierbei nährt der Sauerstoff die Verbrennung, die durch das Acetylen forciert wird. Es reicht nicht aus, dass das Metall lediglich schmilzt, gleichzeitig muss auch vermieden werden, dass das Metall oxidiert. Durch das spezifische Autogenschweißverfahren wird ein Oxidieren vermieden und zwei Werkstücke können zusammengefügt werden. Die Formel für das Autogenschweißen lautet also:
Acetylen + Sauerstoff verbrennen zu Kohlenstoffmonooxid + Wasserstoff
C2H2 + O2 verbrennen zu 2 CO + H2
Video: Autogen schweissen in der Praxis
Autogenschweißen als die Urform des Schweißens
Wieso gerade das Autogenschweißen als Urform des Schweißens betrachtet wird, wurde bereits oben angedeutet: Um beim Autogenschweißen zwei Teile miteinander zu verbinden, bedarf es keiner weiteren Stoffe außer der Flamme und einem Zusatzwerkstoff, in der Regel Draht, der von Hand zugeführt wird. Dieses Schweißverfahren benötigt also keine spezielle Paste oder andere Equipment was eine Verbindung zweier Teile erst möglich macht, sondern lediglich die Hitze der Flamme durch die Sauerstoff-Acetylen-Mischung. Diese Mischung wird von dem Schweißtechniker per Hand eingestellt. Sauerstoff, welcher als Oxidationsmittel dient, kommt aus einer Gasflasche, die etwa einen Betriebsdruck von 200 bar aufweist.
Wichtig ist es, dass die Sauerstoffflasche nicht liegt, also sich in einer waagerechten Position befindet, sondern steht. Auch die Acetylenflasche sollte stehen. Beide Flaschen sind beim Autogenschweißen mit einem Druckminderer ausgestattet. Gleichzeitig befindet sich an den Flaschen ebenfalls aus Sicherheitsgründen eine Sicherung, die den Flammenrückschlag vermeidet. Die Flaschen sind mittels zweier Schläuche mit dem Schweißbrenner verbunden, an dem der Gasdurchsatz individuell eingestellt werden kann. Je nach individueller Einschätzung kann der Schweißtechniker dann an den Nadelventilen ganz fein regulieren, wie die Gase gemischt werden sollen und hat so einen Einfluss auf die Flamme.
Das Autogenschweißverfahren an sich
Wer sich selbst im Autogenschweißen versuchen möchte, der sollte sich in jedem Fall vorab um das richtige Sicherheitsequipment kümmern, welches nachfolgend noch ausführlich beschrieben wird. Generell ist es hilfreich zu wissen, dass die Sauerstoffflasche immer über eine blaue Farbkennzeichnung verfügt und die Acetylenflasche über eine gelbe Kennzeichnung. Im Brenner werden schließlich die beiden Gase zusammengeführt. Um den Brenner zum zünden zu bringen, wird zunächst das Sauerstoffventil aufgedreht. Im Anschluss kann auch das Brenngasventil geöffnet werden. Gleich darauf wird die Flamme gezündet. Nun kommt es darauf an, die Flamme richtig einzustellen, sodass die Hitze optimal ist. Die Gaszufuhr ist perfekt eingestellt, wenn die Flamme gleichmäßig brennt und nicht flackert.
Gleichermaßen sollte darauf geachtet werden, dass der weiße Flammenkegel im Inneren der Flamme circa 8 bis 10 mm lang ist. Um die Gasmischung optimal zu regulieren, wird an den Ventilen des Brenners gedreht. Der weiße Flammenkegel ist der Part der Flamme, mit dem geschweißt wird. Das sehr helle, blaue Licht ist die sogenannte Hüllenflamme. Es verhindert, dass Sauerstoff aus der Luft an die Schweißstelle dringen kann und das Metall so oxidiert. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass beim Autogenschweißen keine Hand frei ist. Während sich in der einen Hand der Brenner befindet, wird mit der anderen Hand schließlich das Zusatzmaterial zugeführt. Aus diesem Grund ist es ratsam, auf einen Schweißhelm zu setzen, welcher auch ohne eine Hand, anders als das Schweißschild, auf dem Kopf hält.
Eine Naht schweißen mit dem Autogenschweißverfahren
Stimmen sowohl die Gaszufuhr als auch die Flamme, kann mit dem eigentlichen Schweißen an sich begonnen werden. Dazu wird der Draht, also das Zusatzmaterial in die eine Hand genommen und der Brenner in die andere. Eine Naht wird begonnen, indem beide Kanten, die zur Verbindung dienen, erwärmt werden. Beim Erreichen des Schmelzpunktes färbt sich der Stahl schließlich hellgelb. Wenn dieser Punkt schließlich erreicht ist, kann die Kegelspitze bis auf wenige Millimeter an die Naht herangeführt werden. Die Kanten der Naht sollten nun aufgeschmolzen werden. Der Draht aus der anderen Hand wird dann an die Naht geführt und minimal in die Schmelze gestoßen. Auf diese Weise können entlang der Naht zunächst einige Schweißpunkte zum Fixieren gesetzt werden.
Ähnlich wie beim Nähen, wird ein Teil zunächst geheftet, bevor es schließlich komplett festgeschweißt wird. Dies funktioniert so, dass der Brenner von rechts nach links über die Naht geführt wird. Das sogenannte Schmelzbad, also das flüssige Metall, sollte dabei immer ein kleines Stück vor dem Brenner im Fluss sein. Der Schweißdraht wird als Schmelzstoff nach und nach zugegeben. Ist die Schweißnaht fertig, muss sie auskühlen. Danach kann per Hand oder mit einem Gerät, beispielsweise einem Winkelschleifer, die Schweißnaht geglättet werden bzw. die wulstigen Schweißnähte geputzt werden. Autogenschweißen zeigt sich relativ langsam und wird in erster Linie zum Reparatur- und Auftragsschweißen verwendet. Potenzielle Einsatzbereiche dieses Schweißverfahrens sind der Heizungs- und Rohrleitungsbau.
Auf die richtige Ausrüstung kommt es an
Da es beim Schweißen im wahrsten Sinne des Wortes heiß hergeht, kommt es auf die richtige Ausrüstung an. Zu der richtigen Schweißerschutzkleidung gehören dicke und brandsichere Hosen, Schuhe und ein passender Kittel. Wichtig ist es, dass die Kleidung nicht aus Kunstfaser besteht, die bei hohen Temperaturen in Flammen aufgehen kann. Ein ausgezeichneter Flammschutz ist aus diesem Grund mehr als essenziell. Zum Schweißen eignen sich deshalb spezielle Hosen aus dick gewebter Baumwolle sowie eine Jacke und Handschuhe aus Leder. Leder zeigt sich sehr robust, nur schwer entflammbar und sicher. Vor allem die Hände müssen beim Autogenschweißen gut geschützt werden, da sie sich relativ nahe am Ort des Geschehens befinden. Mit über 3000 °C sind lebensgefährliche Verbrennungen möglich.
Des weiteren sollte die Kleidung auch gut abschließen. Sogenannte Schweißperlen (nicht zu verwechseln mit den Schweißperlen, die der Körper aufgrund von Hitze auf der Haut bildet!) können ins Innere der Kleidung auf die Haut gelangen und dort verheerende Folgen haben. Unter Schweißperlen werden glühende Partikel bezeichnet, die, ähnlich wie Funken, Verbrennungen hervorrufen können. Gut abschließende Berufskleidung ist deshalb ein Muss! Die richtige Ausrüstung betrifft nicht nur die Hände und den Körper, sondern in erster Linie auch die Augen. Das helle Licht der Flamme kann verheerende Folgen für das Augenlicht haben. Aus diesem Grund muss beim Schweißen stets ein Schild oder ein Helm getragen werden, der das Licht abfängt und somit die Augen schützt.
Besonders wichtig beim Schweißen: Das Thema Augen und Gesicht
Beim Autogenschweißen – und auch bei anderen Schweißtechniken – muss stets ein Schweißschild oder ein Helm getragen werden. Dieser schützt die Augen vor dem hellen Licht der Flamme und gleichzeitig auch vor Funkenflug, der im Gesicht und den Augen Schlimmes anrichten könnte. Die Auswahl an potenziellen Schweißhelmen und Schweißschildern ist riesig. Generell sollte immer darauf geachtet werden, dass die Kopfbedeckung die entsprechenden Prüfsigel bzw. Kennzeichnungen aufweist. Nur so ist ein sicherer Schutz des Augenlichts gewährleistet. Zu den europäischen CE Standards zählen die EN 175 für den Gesichtsschutz.
Ob der Helm oder das Schweißerschild nun von alleine abdunkeln und sich nach der Intensität der Flamme richten oder stets komplett dunkel sind, hängt von der Wahl des Gesichtsschutzes ab. Fakt ist: Wer viel und oft schweißt sollte gerade bei der Schutzausrüstung nicht sparen. Je nach Schweißverfahren kann auch Gesichtsschutz mit der CE EN 379 gegriffen werden. Helme mit dieser Kennzeichnung eignen sich für alle Lichtbogenschweißverfahren. Auskunft über die passende Schutzausrüstung gibt es sowohl im Fachhandel als auch bei der Berufsgenossenschaft, teilweise auch bei der Krankenkasse. Nachfragen lohnt sich also in jedem Fall!
Tipps und Tricks rund ums Thema autogenschweißen
Tipps und Tricks rund ums Thema Autogenschweißen gibt es viele. Die wichtigsten Sicherheitstipps hier auf einen Blick:
- Immer die entsprechende Schutzausrüstung und geschlossene Schuhe tragen
- Haut und Augen im Gesicht entsprechend vor der energiereichen UV-Strahlung schützen (Achtung, auch ‚Sonnenbrand‘-Gefahr)
- Gasflaschen nur stehend lagern und in jedem Fall stehend in Betrieb nehmen
- Gasflaschen dürfen nur transportiert werden, wenn der Haupthahn und das Druckminderungsventil geschlossen sind. Ferner muss die Stahlkappe auf die Flasche aufgeschraubt sein.
- Wichtige Kennfarben der Flaschen: Die Sauerstoffflasche ist blau und die Acetylenflasche ist gelb
- Wichtige Kennfarben der Schläuche: Der Sauerstoffschlauch ist blau, das Acetylen bzw. das Brenngas ist rot
- Achtung bei Werkstücken, die ein Reinigungsbad durchlaufen haben: Rückstände von Chlor beispielsweise können sich durch den Lichtbogen in gefährliches und hochgiftiges Phosgen verwandeln
- Unbedingt Kinder und Haustiere aus Reichweite der Flamme und des geschweißten Teiles halten
- Sicherheitsrelevante Teile und Werkstücke nur vom Experten mit entsprechender Zertifizierung schweißen lassen
Wer also selbst Hand anlegen möchte und die Kunst des Autogenschweißens lernen möchte, der sollte in jedem Fall einen Lehrgang besuchen oder einen Experten zurate ziehen. Es ist ratsam, niemals auf die entsprechende Schutzausrüstung zu verzichten und dabei insbesondere die Augen und die zarte Haut im Gesicht ausreichend zu schützen.
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