Pfusch am Bau: Wenn das Traumhaus zum Alptraum wird

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Das Eigenheim ist der Traum vieler privater Bauherren. Dabei gibt es so gut wie kein Gebäude, an dem nicht der eine oder andere Baumangel auftritt. Doch wo ist die Grenze zwischen üblichen Mängeln und echtem Pfusch am Bau und was kann man tun, wenn es einen erwischt hat?

Pfusch am Bau ist leider immer öfter die Regel

Man sollte meinen, dass das Bauhandwerk, das immerhin zu einem der ältesten in der Menschheitsgeschichte überhaupt zählt, mittlerweile so ausgereift ist, dass es kaum noch zu Baumängeln kommt. Tatsächlich ist Pfusch am Bau aber ebenso alt wie das Handwerk und das gilt vermutlich auch für den Streit zwischen Bauherren und Handwerker, denn natürlich will es im Streitfall keiner gewesen sein.

Tatsächlich nimmt die Zahl der Streitfälle immer weiter zu. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass dies in der zunehmenden Bautätigkeit der letzten Jahre begründet liegt, denn je mehr Häuser gebaut werden, desto größer ist statistisch gesehen auch zwangsläufig die Zahl der Mängel am Bau. Aber die Zahl der Baumängel überschreitet die Zuwächse bei der Bautätigkeit zum Teil erheblich.

In einer Analyse der Entwicklung der Bauschäden und Bauschadenkosten hat das Institut für Bauforschung e.V. im Jahr 2015 zusammen mit der Architekten- und Ingenieursversicherungsgesellschaft AIA AG einige interessante Zahlen zu diesem Thema veröffentlicht. Aus insgesamt fast 5.000 Berufshaftpflichtschäden, die der AIA AG im Zeitraum zwischen 2002 und 2013 gemeldet wurden, ergibt sich ein für Häuslebauer geradezu erschreckendes Bild.

Lag die der AIA gemeldete Zahl an Schadensfällen 2002 noch bei 177, stieg die Fallzahl 2007 auf 547 an und betrug im Jahr 2013 bereits 975. Dies umfasst wohlgemerkt nur die an diese spezifische Versicherungsgesellschaft gemeldeten Haftpflichtschäden aus der Berufshaftpflichtversicherung der Handwerker, die dort versichert sind. Allein diese Zahlen zeigen, dass sich die Schadenszahlen zwischen 2002 und 2008 in etwa verdreifacht haben.

Durch die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise gingen die Zahlen ab 2009 etwas zurück, steigen seit 2012 aber wieder an. Über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg meldet die Analyse einen Anstieg der Schadenszahlen von 451 Prozent. Der Anstieg des Branchenumsatzes beträgt zwischen 2002 und 2013 hingegen nur rund 11 Prozent und kann daher kaum als Erklärung für den dramatischen Anstieg der Schadensmeldungen in diesem Zeitraum dienen.

Man sollte meinen, dass das Bauhandwerk, das immerhin zu einem der ältesten in der Menschheitsgeschichte überhaupt zählt, mittlerweile so ausgereift ist, dass es kaum noch zu Baumängeln kommt.

Man sollte meinen, dass das Bauhandwerk, das immerhin zu einem der ältesten in der Menschheitsgeschichte überhaupt zählt, mittlerweile so ausgereift ist, dass es kaum noch zu Baumängeln kommt.(#01)

Der gröbste Pfusch am Bau wird relativ früh entdeckt

Eine gute Nachricht ist, dass der Analyse zufolge ein Großteil der auf Pflichtverstößen des Handwerkers beruhenden Baumängel in der Regel innerhalb der ersten fünf Jahre nach Fertigstellung oder bereits während der Bauzeit entdeckt wird. Die Grenze von fünf Jahren ist deshalb wichtig, da in diesem Zeitraum die gesetzliche Gewährleistungspflicht bei Bauwerken greift.

Zeitpunkt der Entdeckung von Bauschäden:

  • während der Bauzeit: 21,58 %
  • im 1. Jahr nach der Fertigstellung: 29,24 %
  • im 2. Jahr: 14,93 %
  • im 3. Jahr: 10,16 %
  • im 4. Jahr: 7,94 %
  • im 5. Jahr: 6,24 %
  • im 6. Jahr: 4,08 %
  • im 10. Jahr: 0,55 %
  • im 12. Jahr: 0,22 %

Diese Zahlen zeigen aber auch, dass nach dem Ende der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von fünf Jahren immer wieder Mängel und Pfusch am Bau entdeckt werden. Die Chancen, dann noch Rechte geltend zu machen, sind eher gering, allerdings gibt es auch Sachmängel, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (z. B. an schwer aufzudeckenden Stellen und spät auftretender Folgen) noch bis zu einem Zeitraum von 30 Jahren nach Fertigstellung geltend gemacht werden können.

In diesen Fällen ist eine Entscheidung vor Gericht jedoch die Regel, da die meisten Baufirmen eine Haftung nach Ablauf der ersten fünf Jahre gemeinhin verneinen und allenfalls aus Kulanz handeln. Deswegen ist es sehr wichtig, den Pfusch am Bau so früh wie möglich festzustellen.

Die obigen Schadenszahlen beziehen sich wie gesagt nur auf die Erhebung einer Versicherungsgesellschaft, die Dunkelziffer ist daher entsprechend hoch.

Die obigen Schadenszahlen beziehen sich wie gesagt nur auf die Erhebung einer Versicherungsgesellschaft, die Dunkelziffer ist daher entsprechend hoch.(#02)

Fast jeder zweite Bauherr beklagt Pfusch am Bau

Die obigen Schadenszahlen beziehen sich wie gesagt nur auf die Erhebung einer Versicherungsgesellschaft, die Dunkelziffer ist daher entsprechend hoch. Tatsächlich klagt einer Umfrage der Beratungsfirma Porsche Consulting aus dem Jahr 2015 zufolge jeder zweite unter den deutschen Bauherren über massive Mängel bis hin zum Pfusch am Bau. Verzögerungen und Mehrkosten sind die Folge. Bemerkenswert ist dabei, dass die Leistungen auf dem Land und in der Stadt oft von sehr unterschiedlicher Qualität sind. Ähnliches gilt für die Zufriedenheit mit der Ausführung zwischen Ost- und Westdeutschland.

Die Ostdeutschen scheinen insgesamt mehr Glück mit ihren Handwerkern zu haben – aber vielleicht werden Fehler auch nur seltener entdeckt, denn manches Problem tritt leider erst nach vielen Jahren zutage. Die Gerichte müssen immer öfter über die Rechte bei Pfusch am Bau entscheiden. Alleine 2016 mussten rund 52.000 Urteile gefällt werden. Bis zu acht Prozent aller Bauherren wenden sich an einen Rechtsanwalt, um die Rechte bei Pfusch am Bau durchzusetzen.

Neben den Sachmängeln bei der Bauausführung beklagen sich viele künftige Eigenheimbesitzer über die Unpünktlichkeit. Über 20 Prozent aller Gebäude wird demnach nicht termingerecht fertiggestellt, jeder vierte Käufer oder Häuslebauer kündigte deswegen Verträge oder wechselte den Bauträger bzw. den verantwortlichen Handwerker.

Eine gute Nachricht ist, dass der Analyse zufolge ein Großteil der auf Pflichtverstößen des Handwerkers beruhenden Baumängel in der Regel innerhalb der ersten fünf Jahre nach Fertigstellung oder bereits während der Bauzeit entdeckt wird.

Eine gute Nachricht ist, dass der Analyse zufolge ein Großteil der auf Pflichtverstößen des Handwerkers beruhenden Baumängel in der Regel innerhalb der ersten fünf Jahre nach Fertigstellung oder bereits während der Bauzeit entdeckt wird. (#03)

Die häufigsten Mängel bei Pfusch am Bau:

In der Planungsphase

  • Verzögerungen durch schlechte Planung und Vertragsstreitigkeiten
  • nicht oder fehlerhaft ausgeführte Planung von Wärmeschutz
  • nicht durchgeführte Energiesparberechnungen

Während der Bauausführung

Video: Pfusch am Bau: Kleiner Fehler, fatale Folgen

Schwerwiegende Folgen durch Feuchtigkeit entstehen:

  • bei mangelhafter Grundstücksentwässerung
  • an Bauteilen mit Erdberührung (Bodenplatte, Wände, Decken)
  • am Dach (Abdichtung, Wärmedämmung, Fehler beim Dachdecken)

Allein diese Bereiche führen zu kostenintensiven Verzögerungen bzw. erheblichem Reparaturaufwand. Insbesondere bei Schäden durch Feuchtigkeit steigen die Sanierungskosten bei zunehmender Dauer – und diese Probleme werden häufig sehr spät entdeckt.

Kostendruck begünstigt Pfusch am Bau

Billig und schnell lautet die Devise für viele Bauvorhaben. Das ist nicht nur bei der öffentlichen Hand der Fall, wie man an bekannten Großprojekten wie dem Berliner Flughafen BER sehen kann, bei dem unter anderem völlig ungeeignete Dübel verwendet wurden, sondern auch bei privaten Bauvorhaben. Die Probleme gleichen sich hingegen oft in bemerkenswerter Weise. Die Verwendung falscher Techniken oder Baumaterialien, die nicht für die geplante Umsetzung geeignet sind oder sich nicht mit anderen Materialien vertragen, ist einer der häufigsten Gründe für den Vorwurf von Pfusch am Bau.

Besonders häufig fällt auf, dass Handwerksbetriebe aneinander vorbei arbeiten und bei der Planung nicht sorgfältig genug auf die korrekte Ausführung geachtet wird. So arbeiten Elektriker, Maurer, Fliesenleger und Sanitärbetriebe bisweilen sogar gegeneinander, was zu Verzögerungen oder gar teuren Fehlern führen kann, die im Idealfall noch während der Bauphase entdeckt werden.

Bis zu fünf Prozent des Baupreises beträgt der durchschnittliche Schaden durch Baumängel, wobei der Zeitpunkt der Entdeckung oft über die Höhe der Kosten für die Beseitigung mitentscheidet. Um Pfusch am Bau nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu entdecken, empfehlen Fachleute, sich nicht blind auf die Zusagen der Unternehmen zu verlassen. Das gilt auch für das sogenannte schlüsselfertige Bauen.

Video: Pfusch am Bau: Albtraum statt Traumhaus | Markt | NDR

Tipps für die Vermeidung oder frühzeitige Erkennung von Pfusch am Bau:

  • Klare Vorgabe von Planungsleistungen durch den Bauherren.
  • Architekten, Handwerker und Baufirmen sollten Referenzen von Gebäuden vorlegen können, die schon länger als fünf Jahre stehen.
  • Bankbürgschaften vorlegen lassen, damit im Fall einer Insolvenz von Handwerkern und Baufirmen die Forderungen in jedem Fall abgedeckt sind.
  • Auf Tragwerksplanung durch Prüfingenieure bestehen.
  • Ständige Bauüberwachung sicherstellen, insbesondere bei Vergabe an Generalunternehmer, die häufig Billigunternehmen als Subunternehmer bzw. ausführende Firmen beauftragen. Die Bauüberwachung kann beispielsweise durch einen Bauingenieur oder einen weiteren Architekten erfolgen.
  • Trotz Zeitdruck darauf bestehen, dass die erforderlichen Trocknungszeiten und andere Zeitspannen eingehalten werden, die für eine fachgerechte Ausführung erforderlich sind.
  • Jeden festgestellten Baumangel möglichst vor der Abnahme des Gebäudes schriftlich festhalten und ggf. Bilder und Videos anfertigen (insbesondere Bilder gelten als wichtiges Beweismittel vor Gericht!). Die Beweislast, dass kein Pfusch am Bau vorliegt, liegt dann bei den Handwerksbetrieben.

Video: ZDF.reportage – Wohnstress: Baupfusch

Fazit: Pfusch am Bau sollte so früh wie möglich entlarvt werden

Für Bauherren, die fachliche Laien sind, ist es sehr schwierig, Pfusch am Bau schon in der Planungs- und Bauphase festzustellen. Daher ist es wichtig, die Bauüberwachung an Fachleute zu übertragen. Das kostet zwar Geld, reduziert aber die Gefahr, dass Mängel am Bau erst spät oder sogar erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist entdeckt werden. Außerdem sorgt die Einbindung zusätzlicher Fachleute dafür, dass man eine rechtliche Handhabe hat, um Fehler zeitnah durch die verantwortliche Firma beheben zu lassen.

Insbesondere verdeckte Mängel können zum Teil noch nach Ablauf der ersten fünf Jahre geltend gemacht werden. Diese Rechte anwaltlich oder vor Gericht durchzusetzen, ist nicht immer vermeidbar, kostet aber Zeit und Geld, woran es vielen privaten Häuslebauern mangelt.


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